Samstag, 5. April 2014

Erkenntnisse des täglichen Trainings #8

Vor gut zwei Wochen ging die 12-Wochen-Mesozyklus-Progression mit der letzten Einheit in Mikrozyklus #3 zu Ende. Im Laufe dieser Zeit wurde die Trainingsintensität schrittweise hochgefahren, um den Bewegungsapparat sowie das Zentralnervensystem schrittweise an eine höhere Belastung zu gewöhnen. Die progressive Vorgehensweise in allen drei Mikrozyklen als auch speziell angewandte Trainingstechniken sind den vorangegangenen Blogposts zu entnehmen. Abschließend möchte ich ein Gesamtresümee in Form einer weiteren Erkenntnisse-Reihe (Erkenntnisse des täglichen Trainings #1 ff.) ziehen:

1. Hochfrequentierte Zug-Drück-Einheiten bestehend aus Klimmzügen und Barrenstützen mit reichlich Zusatzgewicht sind ein “bang for the buck“, um im Oberkörper Kraft und bei entsprechendem Volumen natürlich auch Magermasse aufzubauen. Hochfrequentiert heißt dreimal wöchentlich und reichlich steht im Sinne einer Trainingsintensität von mindestens 70% der Maximalleistung. Über mehrere Wochen ist das garantiert kein Zuckerschlecken und vor allem Training jenseits der Komfortzone! Auf drei Einheiten gibt es meist eine zähe Einheit mit wortwörtlich schweren Wiederholungen. Gerade solche Einheiten verlangen einen bedingungslosen Einsatz und bringen einen voran!

2. Bei einer Erhöhung der Intensität ist es sinnvoll den absoluten Fokus zunächst auf die Arbeitssätze zu legen. Weitere sog. Bonussätze zur Volumengenerierung sind Beiwerk. Erfolgt nach ein paar Trainingseinheiten eine Adaption an die neue Intensität, können auch die zusätzlichen Sätze mit Schmackes angegangen werden. Als Parameter spielt neben der Anzahl der Arbeitssätze auch die Zeit eine entscheidende Rolle. Wohingegen sich 5-6 Arbeitssätze plus 2-4 Bonussätze als ausreichend erwiesen haben, um einen Trainingsreiz zu setzen, ist bei einem antagonistischem Übungspaar wie Klimmzügen und Barrenstützen ein Start-Intervall von 3:00min, d.h. in den drei Minuten muss ein Satz Klimmzüge und ein Satz Barrenstützen ausgeführt werden, eine subjektiv ideale Zeitspanne, um die Übungen durchweg konzentriert absolvieren zu können.

3. Bei einer Trainingsintensität von 80-90% der Maximalleistung ist eine kontinuierliche Progression Wunschdenken. Daher ist der Einsatz von Trainingstechniken ein probates Mittel, um bei einer Stagnation wieder neue Trainingsreize zu setzen. Trainingstechniken im Maximalkraftbereich sind jedoch mit Vorsicht zu genießen und sollten daher spezifisch angepasst werden! Vom 5x5 nach Bill Starr, dem 24-50 Principle nach Chad Waterbury bis hin zur Classic Cluster Method nach Charles Poliquin haben sich Dropsätze und die Methodik “work capacity“ bewährt. Dem Hirn wird Abwechslung suggeriert, obwohl im Grunde genommen nicht viel verändert wird, um eine hohe Trainingsintensität zu erreichen. Abwechslung bedeutet meist auch Motivation. Und motivierte Menschen sind leistungsfähig!

4. Kadenzen haben im Wiederholungsbereich von 1-6 WDH nichts verloren! Wenn es angenommen das Ziel ist 5 Klimmzüge mit 20kg Zusatzgewicht auszuführen, soll die Strecke von A nach B - d.h. aus dem Deadhang bis zum Punkt wo das Kinn über die Klimmzugstange ragt - so schnell wie möglich zurückgelegt werden, um ein explosiv-zügiges Bewegungsmuster zu generieren. Wer in der obigen Position mehr als eine Sekunde verharrt, gewinnt vielleicht die Goldene Ananas im Posen, ermüdet jedoch durch die isometrische Kontraktion unnötig die beanspruchte Muskulatur. Wichtig und entscheidend ist, dass das Gewicht während der Bewegung kontrolliert wird und nicht vice versa. Wird kontrolliert gearbeitet, erfolgt automatisch kein “Rebounding“, d.h. ein Ausnutzen von Schwungmomenten wie bspw. ein sofortiger weiterer Klimmzug nach der exzentrischen Phase des gerade absolvierten Klimmzuges. Erst wenn sich Bewegungsmuster geschmeidig und rund anfühlen, ist das verwendete Zusatzgewicht passend und nicht zu hoch gewählt!

5. Hilfsübungen nach einem Zug-Drück-Hauptteil sind nicht notwendig, jedoch nötig! Nötig deswegen, um Schwachstellen zu kompensieren und alle Muskelfasern der im Zug-Drück-Hauptteil beanspruchten Muskulatur mittels geringerer Intensität in einem anderen Wiederholungsbereich zu rekrutieren. Kein Neuland für Kraftsportler die nach dem Hatfield Trainingssystem trainieren! Nach schweren Klimmzügen und Barrenstützen eignen sich daher Übungen wie Rudern an Ringen, leichtere Klimmzüge und Schulterdrücken als ergänzende vertikale Drück-/Pressübung im Wiederholungsbereich von 6-12 WDH. Herunter gebrochen gehören eine Curlvariante und eine trizepsdominante Drückübung wie Liegestütze ebenso ins Programm. Dafür bieten sich Supersätze an, um neben einer Zeitersparnis zur Verkürzung der Trainingszeit zusätzlich den Puls in die Höhe zu treiben und somit den Stoffwechsel so richtig zu pushen!

6. Prävention ist mindestens genauso wichtig wie das Training selbst! Gerade bei intensiven Klimmzügen und Barrenstützen wirken große Kräfte auf den Bewegungsapparat. Empfindliche Bizepssehnen, ein verspannter Trapezmuskel sowie gereizte Schulterrotatoren sind keine Eintagsfliegen. Vor einer Zug-Drück-Einheit sollten daher sämtlich beanspruchte Gelenke ausgiebig mobilisiert (Joint Mobility, Schaumstoffrolle) sowie Sehnen und Bänder gedehnt werden. Favoriten: Shoulder Dislocations, Hüftöffnung mittels Hüftkreisen und tiefer Kniebeugeposition (hier verweise ich auf den Bloggerkollegen Sascha Pfeifer, der sich darin bestens auskennt), Ellenbogen- und Handgelenkmobilität (sehr schöne Zusammenfassung vom Blogger Thomas Wulff) und Mobilisierung der Brust- und Lendenwirbelsäule mit dem Foam Roller. Lieber 15-20min mehr investieren als eine Zwangspause zu riskieren! Neben einer sauberen Übungsausführung sollte vor allem auch das Ego während des Trainings zurückgenommen werden, um Wehwehchen bis hin zu Verletzungen zu vermeiden. Training und Progression sind schließlich ein langwieriger Prozess!

7. Schweres Beinkrafttraining fordert nicht nur den Unterkörper! Die Kniebeuge wird sehr gern als Ganzkörperübung bezeichnet. Wer sie regelmäßig intensiv ausführt, weiß auch warum. Neben der positiven Wirkung einer hohen Ausschüttung von Wachstumshormonen im gesamten Körper, fordert sie den Oberkörper bzw. sekundär beteiligte Muskulatur mehr als es vermuten lässt. Beinpresse, Beinbeuger und Beinstrecker sind hierbei außen vor!! Vor allem unilaterale Beinübungen wie Bulgarian Split Squats mit Kurzhanteln erfordern eine Ganzkörperspannung, wobei neben der Bein- und unteren Rückenmuskulatur ganz besonders die Unterarm-, Bauch- und Nackenmuskulatur emsig mitarbeiten muss. Da kann es schon mal vorkommen, dass diese Königsübung bei einem Oberkörpertraining am nächsten ihren Tag Tribut zollt. Unter solchen Voraussetzungen siehe letzten Satz in Punkt 1!

8. Hügelsprinten als ideale Abwechslung und Ergänzung! Die Skelettmuskulatur des Unterkörpers besteht nicht nur aus weißen FT-Muskelfasern, die primär bei einem intensiven Training der Beinmuskulatur beansprucht werden und recht schnell ermüden. Auch die roten ausdauernden ST-Muskelfasern und der Intermediärtyp FTO (schnelle, relativ ermüdungsresistente Fasern) sollten gezielt gefordert werden, um für eine verbesserte Kapillarisierung der Beinmuskulatur beizutragen. Denn eine ermüdungsresistentere Beinmuskulatur ermöglicht ein intensiveres Beintraining! Beim lockeren Einlaufen, intensiven Hügelsprinten vom explosiven Antritt bis hin zu den letzten quälenden Schritten als auch Auslaufen werden alle Fasertypen der Beinmuskulatur abgedeckt. Die Steigerung der anaeroben sowie aeroben Kapazitäten ist quasi eine Win-win-Situation!

9. Eine konstant saubere Ernährung trägt wesentlich zur Progression bei! Das ist jetzt sicher kein Geheimnis oder gar eine neue Erkenntnis. Jedoch gerade intensives Krafttraining nach zielgerichteten Mikrozyklen über mehrere Wochen bei einer relativ hohen Trainingsfrequenz erfordert eine konsequente Ernährung. Nährstoffarme und subjektiv schlecht verträgliche Lebensmittel und/oder eine unterkalorische Nahrungsaufnahme hinterlassen ihre Spuren. Da können die Körner während einer Trainingseinheit mal schneller aufgebraucht sein als erwünscht! Ob Überzeugung oder Placebo-Effekt muss jeder für sich entscheiden bzw. herausfinden. Die Verteilung der Makronährstoffe ist dabei meiner Meinung nach vom Ernährungstypus abhängig! Wohingegen mein Trainingspartner sehr gut mit kohlenhydratreicher Kost fährt, ist mir eine kohlenhydratreduzierte Ernährung deutlich angenehmer.

10. Selbstdisziplin, die vor allem nach einem zielgerichteten 12-wöchigen Trainingsplan erforderlich ist, ist kein zwanghaft eigenkontrolliertes Verhalten, sondern eine Quelle der Motivation! Warum machst du das? Wofür tust du das? Weshalb bist du so streng zu dir? Fragen, die einem ambitionierten Sportler garantiert schon einmal gestellt wurden. Ein leidenschaftlicher Maler drückt sein Innenleben in Form eines Gemäldes aus. Ein Buchautor reflektiert das Spiegelbild seiner Seele und damit verbundenen Gedanken in Form von Wünschen, Idealen, Ängsten und Träumen in einem Roman oder Krimi. Jeder der eine Leidenschaft für sich entdeckt hat und mit Herzblut bei der Sache ist, sucht darin nach Herausforderungen und einem Weg sich selbst zu verwirklichen! Niemand muss sich für das rechtfertigen, worin er sein Lebensglück findet!! Egal ob Maler, Autor oder Sportler.

Rosch

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen